Manchmal machen Kleidungsstücke eine lange Entwicklungsgeschichte durch, in deren Verlauf sich ihr Status vollkommen verändert. Betrachten wir einmal das wohl berühmteste Beispiel dafür etwas näher. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde an der amerikanischen Westküste, in Kalifornien, Gold gefunden. Ein wahrer Goldrausch wurde ausgelöst, zu Tausenden strömten die Menschen aus aller Welt in den Wilden Westen, um reich zu werden. Die Goldsuche bedeutete aber vor allem harte Arbeit, Arbeit, die den Körper ebenso strapazierte wie die Kleidung und die Ausrüstung.
Es ist oft gesagt worden, damals seien hauptsächlich jene reich geworden, die den Goldgräbern die Schaufeln verkauften. Das ist aber nicht ganz richtig: Geld verdienen konnte man auch mit besonders robuster Arbeitskleidung. Einer, der diesen Trend nutzte, war Levi Strauss – der zusammen mit Jacob Davis die Nietenhose entwickelte, eine besonders widerstandsfähige Arbeiterhose. Als Blue Jeans wurde sie Jahrzehnte später zum Symbol der rebellischen Jugend und dann geradezu zur Uniform des 20. Jahrhunderts. Jahrzehntelang trug nahezu jeder junge Mensch Jeans. In den letzten Jahren allerdings weicht die Jeans anderer Mode, der Streetwear etwa.
Getragen werden jetzt Hosen, die viel zu weit scheinen, um sich überhaupt am Körper zu halten, Baggy-Hosen im Slang der jungen Leute von heute. Eine der Marken, die richtig im Trend liegen, ist Carharrt. Man mag sich darüber wundern, dass so ein Modetrend die etablierte Jeans so leicht vom Markt drängt. Bei näherem Hinsehen offenbart sich jedoch Erstaunliches. Das Unternehmen Carharrt wurde nämlich nicht in unserem Jahrhundert gegründet, auch nicht im 20., sondern vielmehr bereits im Jahre 1889! Und jahrzehntelang produzierte es – Arbeiterkleidung! Erst in den letzten Jahren, und auch hauptsächlich in Europa, avancierte die Marke, beginnend in der HipHop- und Skaterszene, zum Symbol der rebellischen Jugend und ist gerade dabei, sich zur „coolen“ Modemarke weiterzuentwickeln. Kommt Ihnen das jetzt bekannt vor? Die Geschichte wiederholt sich eben – auch in der Welt der Mode.
